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Bettina Massong über knifflige Probleme, konkrete Lösungen und echte Teamarbeit

Bettina, du arbeitest in der Fachberatung Existenzsicherung & Arbeitslosigkeit der Caritas Düsseldorf. Seit fast 20 Jahren berätst du Menschen, die in finanzielle Notlagen geraten sind. Wie sieht ein Arbeitstag im Leben von Bettina Massong aus?

Wir beginnen um 7.30 Uhr mit einem kurzen Austausch im Team, das neben mir aus vier weiteren Kolleg:innen besteht. Wie der Arbeitstag aussehen wird, kann man morgens noch gar nicht so genau absehen. Viele, die zu uns kommen, haben ein so dringendes Anliegen, dass sie gar nicht die Möglichkeit haben, vorab noch einen Termin zu machen. Ab 8.30 Uhr führen wir mehrere Beratungsgespräche am Stück. Dazwischen beantworten wir E-Mails und Anrufe von Klient:innen, recherchieren oder kommunizieren mit Ämtern und Behörden. Im Jahr 2023 haben wir insgesamt 8.116 Beratungen durchgeführt. 

Worum geht es in den Beratungsgesprächen, die du mit den Klient:innen führst? 

Dabei geht es um viele verschiedene, meist wirklich existentielle Probleme: Die Miete kann nicht gezahlt werden und es droht Obdachlosigkeit. Der Strom wurde abgestellt, weil die Stromrechnung wiederholt nicht beglichen werden konnte. Das Bürgergeld wurde gekürzt und es fehlt nun jegliche finanzielle Grundlage, um das Lebensnotwendige zu sichern. Amtliche Rückforderungen, von denen die Betroffenen nicht wissen, wie sie das zurückzahlen können. Wir können in sehr vielen Fällen – auch in den wirklich komplizierten – helfen. 

Wie sieht diese Hilfe genau aus? Gehört auch dazu, Trost zu spenden und den Betroffenen Mut zuzusprechen? 

Die psychosoziale Beratung findet eher zwischen den Zeilen statt. Natürlich versuchen wir auch, die Betroffenen zu beruhigen, wenn sie große Angst haben und kaum noch schlafen können. Aber vor allem helfen wir, indem wir Probleme lösen. Durch unsere langjährige Erfahrung haben wir ein sehr breites Wissen über mögliche Notlagen und die Rechte der Betroffenen. Darüber hinaus kennen wir alle Möglichkeiten finanzieller Hilfe und Förderung und haben ein großes Netzwerk mit Ansprechpartner:innen auf allen Ebenen. Es ist gut zu wissen, dass wir als Team eine Menge bewegen können – auch dann, wenn die Lage für die Betroffenen vielleicht erst einmal aussichtslos erscheint. 

Kommen „komplizierte Fälle“ häufig vor? 

Unseren Job macht aus, dass nichts nach Schema F beantwortet werden kann. Es gibt eigentlich immer einen Haken, eine Besonderheit, etwas, das es knifflig macht. Und genau dazu sind wir ja da: Den Betroffenen dabei zu helfen, den Knoten zu entwirren. Dabei unterstützen wir uns im Team gegenseitig. Es kommt eigentlich selten vor, dass nur eine von uns einen Klienten oder eine Klientin berät. Indirekt bearbeiten wir jeden Fall gemeinsam. Eine von uns kennt sich zum Beispiel unschlagbar gut mit Gerichtsurteilen aus, eine andere hat besonders gute Kontakte zum Jobcenter usw. So ergänzen wir uns gegenseitig. Auch auf die vorhandenen Kompetenzen an anderen Stellen im Caritasverband greifen wir gerne zurück: Wir arbeiten zum Beispiel Hand in Hand mit der Caritas-Migrationsberatung, kennen die Kolleg:innen dort und schätzen sie. Große Schnittstellen haben wir auch zu den Kolleg:innen von der Wohnungslosenhilfe. 

Es klingt so, als sei die Atmosphäre in deinem Team wirklich gut. 

Ja, das ist tatsächlich so. Einige von uns sind schon sehr lange dabei, einige sind deutlich später dazugestoßen. Wir haben wirklich Glück miteinander. Zwar ziehen wir uns oft gegenseitig auf, aber wir mögen uns auch sehr. 

Die Nachfrage ist in der Fachberatung Existenzsicherung und Arbeitslosigkeit sehr hoch, Tendenz steigend. Wie kann es sein, dass in einer wohlhabenden Stadt wie Düsseldorf so viele Menschen existenzielle Probleme haben?

Die Ursachen sind sehr vielfältig. Ein großes Armutsrisiko ist natürlich Arbeitslosigkeit, aber eben nicht nur. Etwa 30 Prozent der Menschen, die zu uns kommen, sind erwerbstätig und trotzdem arm, weil sie im Niedriglohnsektor arbeiten oder zum Beispiel alleinerziehend und deshalb nicht Vollzeit tätig sind. Ihr Gehalt reicht oft nicht aus – häufig auch dann nicht, wenn der andere Elternteil Unterhalt zahlt. Wie schnell es passieren kann, in eine finanzielle Notlage zu geraten, hat auch die Coronapandemie gezeigt: Viele, insbesondere Selbstständige, standen von heute auf morgen vor dem Nichts. Eine immer größer werdende Gruppe derer, die zu uns kommen, sind außerdem ältere Menschen, deren Rente unter dem Existenzminimum liegt. In vielen Fällen nehmen Betroffene gar nicht selbst, sondern über Dritte Kontakt zu uns auf. Das macht deutlich, wie sehr Armut in Politik und Gesellschaft stigmatisiert ist.

Was sagst du diesen Menschen, und was setzt du der gesellschaftlichen Stigmatisierung entgegen?

Wir heißen hier alle mit ihrer individuellen Geschichte und Situation von Herzen willkommen und wissen dabei: Kaum eine:r ist aus eigener Schuld oder Fahrlässigkeit in finanzielle Not geraten. Die Allermeisten sind unverschuldet arm und wollen unbedingt raus aus der Armut. Es ist auch nicht so, wie es viel zu oft fälschlicherweise dargestellt wird, dass Leute nicht arbeiten wollen. Die gibt es, aber es sind wenige Einzelfälle. Wir sehen hier fast ausschließlich das Gegenteil.

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Der Caritasverband Düsseldorf

Der Caritasverband Düsseldorf e.V. ist ein Wohlfahrtsverband mit rund 1.600 Mitarbeiter:innen. Wir bieten in den verschiedenen Düsseldorfer Stadtteilen ein sehr umfangreiches und vielseitiges Spektrum an Beratungs- und Unterstützungsangeboten für alle Altersgruppen an. Darüber hinaus setzen wir uns auch politisch für diejenigen Menschen in Düsseldorf ein, die unsere Solidarität, unseren Rat und unsere Hilfe benötigen.

Wir sind ein sehr offener Verband. Diversität und Toleranz sind für uns Herzenssache. Bei uns arbeiten Menschen jeder Herkunft und Hautfarbe, mit und ohne Tattoo oder Piercing, verheiratet, geschieden, Single oder verpartnert, von homo- bis heterosexuell.